Eine eindrucksvolle Fotolocation: der Kaiserliche Bahnhof Göhrde in Breese am Seißelberge

Interessierten und Kennern des Staatsforstes Göhrde ist er sicherlich bekannt: der Bahnhof Göhrde in Breese am Seißelberge.
Ein einmaliges Fotomotiv aus der großen Zeit des Deutschen Kaiserreiches.
Ein Eisenbahnhalt dort wurde erstmals im August 1869 in einem Erläuterungsbericht zu den Vorarbeiten für die Streckenführung der Wittenberge-Buchholzer Zweigbahn erwähnt. Damals war zunächst nur ein Haltepunkt vorgesehen – der einzige, alle anderen Zugangsstellen waren Bahnhöfe. Als der Bau der Strecke bereits weit fortgeschritten war und die Eröffnung bis Hitzacker im Oktober 1873 kurz bevorstand, wurden von der Berlin-Hamburger Eisenbahn erste Entwürfe für den Bahnhof angefertigt. Der Bahnhof war von Anfang an für den Empfang kaiserlicher Jagdgesellschaften vorgesehen. 

Er wurde im Folgejahr 1874 gebaut und am 26. November 1874 anlässlich der ersten Anreise des Kaisers eingeweiht.
Der deutsche Kaiser Wilhelm I. kam seit 1871 jährlich mit großem Hofstaat zur Jagd in die Göhrde. In den ersten Jahren reiste er mit seinem Hofzug von Berlin über Lehrte bis Bevensen. Der an der Bahnstrecke Hannover–Harburg gelegene Bahnhof ist etwa 24 Kilometer vom Jagdschloss Göhrde entfernt. Diese Strecke musste in einer Kutsche zurückgelegt werden.

Die Wittenberge–Buchholzer Zweigbahn wurde am 15. Dezember 1873 bis Hitzacker dem Verkehr übergeben. Ab 1874 reiste die kaiserliche Jagdgesellschaft nicht mehr über Bevensen in die Göhrde, sondern über den Bahnhof Wittenberge und den Bahnhof Breese, wie der Bahnhof Göhrde im ersten Jahr noch hieß. Der Bahnhof ist etwa 4,5 Kilometer vom Jagdschloss entfernt. Der Weg dorthin wurde anfangs mit Kutschen, später mit Kraftwagen zurückgelegt.

Die erste kaiserliche Jagdgesellschaft reiste am 26. November 1874 noch vor der offiziellen Eröffnung der gesamten Strecke am 31. Dezember 1874 an. Aus diesem Grund wurde der Abschnitt von Hitzacker bis Breese am Seißelberge am 20. oder 24. November 1874 polizeilich abgenommen. Der aus drei Personen- und einem Gepäckwagen bestehende Hofzug verließ um 14.30 Uhr Berlin und überquerte gegen 17.25 Uhr die Dömitzer Elbbrücke. In Dannenberg und Hitzacker machte der Zug für einen festlichen Empfang einen kurzen Zwischenhalt.

Für die Reisen allerhöchster und höchster Herrschaften galten besondere Vorschriften. Die Bahnbeamten waren zur Geheimhaltung verpflichtet, sämtliche Unterlagen mussten nach der Reise vernichtet werden. An geeigneten Stationen mussten Bereitschaftslokomotiven aufgestellt werden, die, solange sich der Zug in ihrem Bezirk befand, sofort zur Abfahrt bereit und in Richtung des Zuges gedreht stehen mussten. Lokomotivführer und Heizer durften während dieser Zeit die Lok nicht verlassen. Bei der Fahrt mussten Stöße und heftige Schwankungen des Zuges vermieden werden. Die Stelle, an der der Zug im Bahnhof halten sollte, wurde von einem Beamten oder Arbeiter mit einer entfalteten roten Fahne oder nach Einbruch der Dunkelheit mit einer roten Laterne gekennzeichnet. Der Bahnhof war für die Besuche festlich geschmückt und ein roter Teppich war vom Bahnsteig durch den Westflügel des Empfangsgebäudes bis zum Ausgang an der Hofseite ausgelegt. Die Anteilnahme der Bevölkerung war stets groß, weil jeder den Kaiser sehen wollte. Für die Sicherheit des Hofstaates war die Landdrostei in Lüneburg zuständig. Beim ersten Besuch des Kaisers waren zwei Oberwachtmeister, sieben berittene und vier Fußgendarmen eingesetzt.

Letztmals fand vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 30. und 31. Oktober 1913 eine Hofjagd im Revier Göhrde statt. Kaiser Wilhelm II. hatte dazu seine Söhne, die Prinzen Eitel Friedrich von Preußen, Oskar von Preußen und Joachim von Preußen, den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand von Österreich-Este, Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg, General Helmuth Johannes Ludwig von Moltke und den österreichisch-ungarischen Botschafter Ladislaus von Szögyény-Marich geladen. Für die zweitägige Veranstaltung wurde umfangreiches Personal benötigt. Das Dienstpersonal bestand aus 90 Personen, die zur Hälfte zum Stammpersonal des kaiserlichen Hofes gehörten und zur anderen Hälfte aus den umliegenden Dörfern kamen. Das Hofpersonal reiste bereits ein oder zwei Tage vor der Jagd an. Daneben brachten die geladenen Gäste eigene Diener, meistens zwei, mit.


Dadurch, dass das Gelände an der gegenüberliegenden Seite kürzlich eingezäunt wurde, sind Aufnahmen wie die obige leider nicht mehr möglich. Die Hauptseite des Bahnhofes ist aber frei zugänglich.

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